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Aufklärung durch Informationen anstelle von Verboten und Anschuldigungen
Ich empfinde die Diskussionen über Rassismus und kulturelle Aneignung, die oft in den sozialen Netzwerken stattfinden, als sehr wichtig, solange sie auf der Basis des gegenseitigen Respekts geführt werden. Unter anderem geht es auch darum zu reflektieren, wie wir bis jetzt als Menschen, die zu verschiedenen Nationen und Völkern gehören, miteinander umgegangen sind und wie wir dies in Zukunft tun sollten. Der Austausch beinhaltet auch die Chance, dass wir es endlich schaffen, das aufzuarbeiten, was während der Kolonialzeit geschehen ist. Dieser Entwicklungsprozess ist deshalb so wichtig, weil die Spuren jener Zeit nach wie vor sichtbar sind. Christoph Kolumbus als Entdecker des amerikanischen Kontinents zu bezeichnen, ist nur ein Beispiel von vielen. Verbote und Anschuldigungen bis hin zu verbalen Attacken sind jedoch definitiv nicht die geeigneten Mittel, um ein Umdenken in die Wege zu leiten - ganz im Gegenteil. Sie führen nur dazu, dass sich die Fronten immer weiter verhärten. Es ist wichtig zu zeigen, dass es auch anders geht und dass Veränderungen eine Bereicherung für alle Beteiligten sein können.
Es geht nicht darum, den Erwachsenen ihre liebgewonnen Kindheitserinnerungen wegzunehmen oder ihnen sogar vorzuwerfen, dass ihre "Indianerspiele" im Grunde genommen rassistische Handlungen waren. Ich gehöre selbst zu der "Winnetou-Generation" und wenn ich mich mit anderen in meinem Alter unterhalte, stellen wir immer wieder fest, dass die meisten während ihrer
Kindheit "Cowboys und Indianer" gespielt haben und die "Weißen" waren dabei die "Bösen". Die "Indianer" haben sich verteidigt und um ihr Land und um ihr Überleben gekämpft. Wir hatten alle stereotype Bilder dabei im Kopf und waren uns dessen nicht bewusst.
Es stellt sich die Frage, wie wir uns heute verhalten sollten, wenn wir beobachten, dass Kinder "Indianer" spielen. Wäre es sinnvoll, ein Verbot auszusprechen? Ich halte nichts von solchen Maßnahmen und weder ich noch meine indianischen Freunde und Bekannten haben jemals ein Verbot gefordert. Die ganze Diskussion über die angebliche Forderung nach einem "Indianer"-Kostümverbot wurde durch einige Medien konstruiert, die bereits dafür bekannt sind, dass sie gerne Öl ins Feuer gießen. Ähnlich verhält es sich mit der angeblichen Forderung nach einem "Winnetou-Verbot". Das Ganze ist so absurd, dass ich es nicht lassen konnte, extra passend zu diesem Thema eine satirische Fotocollage zu erstellen.
Übersetzung: "Woher kommt dieser seltsame Gestank?"
"Die Gerüchteküche der Weißen Männer macht Überstunden."
Leider halten sich diese Gerüchte hartnäckig und werden über die sozialen Medien ständig weiter verbreitet. Wer weitere Informationen über diese künstlich angeheizten Diskussionen benötigt, kann diese gerne bei mir anfordern.
Wie sinnvoll ist es, Kindern zu verbieten, spielerisch in andere Rollen zu schlüpfen?
Viele Kinder schauen regelmäßig die Fernsehserie "Yakari", die etliche Klischees bedient und darüber hinaus völlig falsche Darstellungen enthält. In meinem Beitrag "Winnetou und Yakari - Helden der Kindheit" gehe ich näher darauf ein. Die Serie ist sehr beliebt. Dies wurde mir bestätigt, als ich vor einigen Jahren einen Impulsvortag für die Mitarbeiter des Kinderkanals gehalten habe. Und bei einem kurzen Blick ins Internet wird schnell klar, dass diese Begeisterung nach wie vor besteht.
Wie sollen Kinder all das verarbeiten, was sie im Fernsehen und bei dem Besuch von Theaterstücken gesehen haben, wenn ihnen verboten wird, sich im Spiel damit zu beschäftigen? Deshalb empfinde ich es als sehr wichtig, die Kinder dort abzuholen, wo sie gerade stehen. Wir durften damals einfach spielen. Uns wurden keine Vorschriften gemacht. Ich denke, ein Verbot hätte uns nicht vom Spielen abgehalten.
Wenn ich gemeinsam mit Native Americans hier in Deutschland unterwegs war und wir eine Kulturveranstaltung angeboten haben, dann kam es immer wieder vor, dass einige Kinder die gängigen "Indianer"-Kostüme trugen. Sie ließen es sich nicht nehmen, in ihrer "Indianerkleidung" zu unserer Veranstaltung zu kommen und sie waren sehr stolz darauf. Was sollten wir diesen Kindern in solchen Situationen sagen? Wie würden Kinder sich fühlen, wenn wir mit folgenden Worten reagieren würden: "Was hast du denn da an? So etwas tragen die indigenen Völker Nordamerikas aber nicht." Oder noch schlimmer: "Das ist rassistisch." Das wäre einfach nur furchtbar. Es wäre beschämend. Eine ganze Welt würde in diesem Augenblick für das Kind zusammenbrechen. Als ich noch an der Organisation und Durchführung von Powwows (indianischen Tanzfesten) beteiligt war, gerieten wir in eine Situation, in der ich darum gebeten wurde, einem deutschen Kind etwas zu erklären. Es war in einem "Indianer"-Kostüm erschienen und ich musste ihm mitteilen, dass es so gekleidet nicht die Tanzfläche betreten könne. Bei den Powwows gibt es eine Etikette. Auf den Veranstaltungsflyern und Plakaten stand in der Regel der Hinweis: "Wir bitten darum, auf Kostümierungen zu verzichten." Ich habe es dem Kind so behutsam wie möglich erklärt, aber es tut mir heute noch leid und im Nachhinein denke ich, wir hätten auch noch eine andere Lösung finden können.
Bevor jetzt ein falscher Eindruck entsteht, möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ich während der vergangenen 35 Jahre keine Native Americans getroffen habe, die damit einverstanden sind, dass "Indianer"-Kostüme getragen werden. In den USA gibt es schon seit vielen Jahren die Kampagne "I`m Not Your Costume" ("Ich bin nicht euer Kostüm"). Inzwischen beteiligen sich auch Menschen aus anderen Nationen an diesem Aufruf. Im vergangenen Jahr habe ich Schüler beraten, die sich mit dem Thema "Problematische Kostüme" beschäftigten. Es ging mir in erster Linie darum, ihnen so viele Informationen zu geben, dass sie sich selbst eine Meinung bilden können. Vieles von dem, was ich erzählt habe, war ihnen nicht bekannt und ich hatte den Eindruck, dass es sie sehr nachdenklich gestimmt hat. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Kinder und Jugendliche wesentlich offener sind, wenn es darum geht, die eigene Sichtweise zu überdenken. Die Entscheidung darüber, wie sie dann mit ihren neuen Erkenntnissen umgehen, überlasse ich ihnen selbst.