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Wie soll ich diese jetzt nennen?
Eine Einleitung für ältere Kinder und Erwachsene, in der erklärt wird, warum ich ganz bewusst das Wort "Indianer" verwende.
1989 fuhr ich zu einer Veranstaltung nach Stuttgart. Bürger der Oneida Nation waren aus den USA angereist und wir feierten auf dem Killesberg gemeinsam ein Fest, ein Powwow. Ich lernte dort Native Americans (Indianer) kennen, die hier in Deutschland mit dem US-Militär stationiert waren. Wir übernachteten gemeinsam am selben Ort und hatten deshalb Zeit für Gespräche. So fing alles an und durch die Kontakte zu Native Americans nahm mein Leben einen anderen Verlauf. Es gibt so viele Erfahrungen, über die ich gerne schreiben möchte. Doch wie kann ich alle Kinder erreichen, wenn ich das Wort "Indianer" nicht mehr verwenden soll?
Die meisten Kinder kennen den Begriff "Native Americans" noch nicht. Und auf der Suche nach Informationen werden sie diesen dann auch nicht in eine Suchmaschine eingeben. Und selbst wenn sie diese Bezeichnung bereits kennen, so führt eine Suche mit diesem Begriff in der Regel zu Informationen in englischer Sprache. Für die jüngeren Kinder ohne ausreichende Englischkenntnisse ist das nicht hilfreich. Sehr viele verstehen ebenfalls noch nicht, was das Wort "indigen" bedeutet. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Bezeichnung viel zu allgemein ist und deshalb ebenfalls nicht zu den gewünschten Informationen führt.
Ich habe am Anfang gedacht, dass diese Diskussion über das Wort "Indianer" zu größeren und weitreichenden Veränderungen führen würde. Doch das ist nicht geschehen. Es werden jetzt andere Wörter verwendet, aber die falschen Vorstellungen sind noch immer da. Die Bezeichnung "Ureinwohner" macht es nicht besser und auch mit diesem Wort sind nur allzu oft ganz bestimmte stereotype Vorstellungen verbunden. Deshalb habe ich es jahrzehntelang möglichst nicht verwendet. Inzwischen ist eine Form der Sprachlosigkeit zu beobachten und diese führt dazu, dass es jetzt noch viel weniger Informationen gibt. Die zwei Abbildungen veranschaulichen, was seit einigen Jahren passiert. (Zum Vergrößern bitte anklicken.)
Viele Wörter stammen noch aus der Zeit, als der nordamerikanische Kontinent erobert wurde. Sehr viele Stammesnationen erhielten Namen, die ursprünglich nicht von ihnen stammen und dennoch werden sie täglich verwendet. Bei vielen Stammesnationen und indianischen Gemeinden ist das Wort "Indian" ein fester Bestandteil des Namens. Das Zugehörigkeitsgefühl ist für viele Menschen wichtig. Sie sehen sich als einen Teil ihrer Stammesnation, ihrer Dorfgemeinschaft oder ihrer indianischen Gemeinde. Und der Name dieser Gemeinschaft gehört mit dazu. Deshalb ist es nicht gut und sogar verletzend, wenn das Wort "Indian" als "rassistisch" bezeichnet wird. Das Wort "Indianer" ist die deutsche Übersetzung für die englische Bezeichnung "Indian".
Es gibt im Internet eine Liste, auf der alle Stammesnationen, indianischen Gemeinden (Communities) und Dörfer stehen, die von der US-Regierung anerkannt wurden. Auf der Abbildung unten sind zwei Frauen in einem Call-Center zu sehen, die in diesem Verzeichnis nach dem Wort "Indian" gesucht haben. Sie tauschen sich darüber aus, was sie gefunden haben.
Das Wort "Amerika" kommt ebenfalls nicht von den Menschen, die schon sehr lange vorher auf dem Kontinent gelebt haben. Trotzdem gilt der Begriff "Native Americans" in den USA schon seit Jahrzehnten als politisch korrekt. Und auch dort hatten die Medien einen sehr großen Einfluss auf diese Entwicklung. Viele Wörter sind entstanden, als Native Americans gezwungen wurden, in die Reservationen zu ziehen. Diese Begriffe werden noch immer benutzt. Oft ist das so, weil die Wörter in den Verträgen stehen. Werden sie verändert, dann kann es sein, dass der Vertrag seine Gültigkeit verliert. Rechtsanwälte müssten all dies vorher gründlich überprüfen.
"Wir sind Bürger und keine Stammesmitglieder"
Nicht nur wir hier in Deutschland denken über Wörter nach. Native Americans tun das auch. Vor nicht allzu langer Zeit betonte ein indianischer Politiker, dass sie keine Stammesmitglieder, sondern Bürger seien. Sie sind nicht nur Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika, sondern darüber hinaus gleichzeitig Bürger ihrer Stammesnation. Deshalb habe ich ganz oben geschrieben, dass "Bürger der Oneida Nation aus den USA angereist waren". Sowohl in den USA als auch hier in Deutschland sagen die meisten Menschen nicht "Bürger" (auf englisch: "citizen"), sondern "Stammesmitglieder" ("tribal members"). In den USA ist oft von "tribal nations" ("Stammesnationen") die Rede. Wir lassen das Wort "Nation" weg und sagen stattdessen nur "Stamm". Deutsche werden als "Bürger" bezeichnet und nicht als "Stammesmitglieder". Das stimmt nachdenklich.
Wenn ein Native American einen Antrag auf einen Eintrag in das Stammesregister ausfüllt, dann wird in der Regel das Wort "Stammesmitgliedschaft" ("tribal membership") verwendet. All das ist genau vorgeschrieben. Es lässt sich nicht einfach so auf die Schnelle verändern. Der Antrag könnte dann abgelehnt werden oder der Eintrag ins Stammesregister seine Gültigkeit verlieren. Bei uns gelten in der Bürokratie ähnliche Regeln. Aber bei uns werden Angehörige einer Nation als "Staatsbürger" bezeichnet. Ist deshalb die englische Bezeichnung "tribal membership" ("Stammesmitgliedschaft") etwas Schlechtes? Nein, denn viele Native Americans sind stolz darauf. Das Wissen darüber, wie sich all dies entwickelt hat, ist wichtig. Wenn wir genug Informationen haben, dann können wir besser entscheiden, was zu tun ist.
Entwicklung braucht Zeit und gegenseitiger Respekt ist sehr wichtig
Native Americans sind sich nicht darüber einig, welche Sammelbezeichnung alle verwenden sollten, wenn von ihnen die Rede ist. Das Wort "Europäer" ist auch eine Sammelbezeichnung. Wissen wir, ob alle Menschen, die in Europa leben, damit einverstanden sind, dass sie als "Europäer" bezeichnet werden? Wir müssten eine riesengroße Umfrage starten, um zu erfahren, wie die meisten Menschen darüber denken.
Die Diskussionen über das Wort "Indianer", die hier in Deutschland geführt werden, finden zum allergrößten Teil ohne Native Americans statt. Vor dem geschichtlichen Hintergrund betrachtet, ist das ein großes Problem. Nach der Eroberung des amerikanischen Kontinents und der Einrichtung von Reservationen, wurden Native Americans wie Unmündige behandelt. Dies bedeutet, dass sie sehr viele Entscheidungen nicht alleine treffen durften. Sie mussten ihren jeweiligen "weißen" Vormund um Erlaubnis bitten. Im Laufe der Jahre hat es eine ganze Menge an positiven Veränderungen gegeben. Doch es gibt noch viel zu tun, denn die vollständige Unabhängigkeit der Stammesnationen ist noch immer ein großes Thema. Deshalb kommt es bei vielen Native Americans nicht gut an, wenn wir versuchen, ihnen Vorschriften zu machen. Es erinnert zu sehr an die Vergangenheit und die Auswirkungen, die noch immer zu spüren sind. (Eine kurze Anmerkung: Ich finde, über das Wort "Weiße" sollten wir ebenfalls nachdenken.)
Die Art und Weise wie in Deutschland darüber gestritten wird, ob wir das Wort "Indianer" noch verwenden sollen oder nicht, empfinde ich als erschreckend. Menschen beschimpfen sich gegenseitig. Es ist keine Diskussion mehr, sondern eine Streiterei, bei der die Gefühle von Menschen verletzt werden. Native Americans kommen jedoch kaum zu Wort. Es gibt auch nicht sehr viele, die deutsch sprechen können. Dies bedeutet, dass die meisten Native Americans keine Ahnung davon haben, worum es bei der ganzen Streiterei geht. Bis auf wenige Ausnahmen ist ihnen auch nicht bekannt, dass wir in der deutschen Sprache zwei Wörter für das englische Wort "Indian" haben. Wir können ganz klar ausdrücken, ob ein Inder oder ein Indianer gemeint ist. Im Englischen ist das nicht eindeutig und deshalb wird oft das Wort "American" hinzugefügt". Der Begriff "American Indian" wird in den USA noch sehr oft verwendet. So heißt es zum Beispiel noch immer "American Indian Education". Das Wort "Education" steht für "Bildung" im Sinne von Unterricht, Pädagogik und Ausbildung. Es sind Programme, die für indianische Schüler und Studenten entwickelt wurden. Viele Native Americans sind in diesem Bereich tätig.
Lasst uns gemeinsam nach einer Lösung suchen
Es ist also gar nicht so einfach, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob wir das Wort "Indianer" in Zukunft noch verwenden sollten oder nicht. Zur Zeit tun viele Menschen in Deutschland so, als sei dies schon längst beschlossen worden. Mir wird immer wieder Folgendes erzählt: "Indianer dürfen wir jetzt nicht mehr sagen." - Meine Frage lautet: "Sagt wer?" Eine Mutter hat diese Frage ihrem Kind gestellt und hier ist die Antwort: "Das sagen die Erwachsenen."
Wie bereits auf der Startseite geschildert, habe ich mal einen Native American zu diesem Thema befragt, der schon mehrmals in Deutschland zu Besuch war. Er teilte mir mit, was er gedacht hat, als er zum ersten Mal das Wort "Indianer" hörte: "So nennen uns die Deutschen."
Ich habe als Kind viele Fragen gestellt, sehr viele Fragen und ich tue das noch immer:
"Wer? Wie? Was? - Wieso? Weshalb? Warum?"
Hier sind meine Fragen zu diesem Thema:
"Wer fordert, dass wir nicht mehr "Indianer" sagen sollen?"
"Wer hat darüber zu bestimmen, welche Wörter wir verwenden?"
"Was ist zu tun, wenn jemand durch ein Wort in seinen Gefühlen verletzt wird?"
"In welchen Situationen ist es besser, auf das Wort "Indianer" zu verzichten?
Es wird eine ganze Weile dauern, Antworten auf all diese Fragen zu finden. Deshalb möchte ich Folgendes vorschlagen: Wir ergründen dies gemeinsam und nehmen uns dafür die Zeit, die wir brauchen. Bis es so weit ist, verwende ich weiterhin das Wort "Indianer".
Eure Meinung ist wichtig
Wie bereits erwähnt, wird in Deutschland zum Teil sehr heftig darüber gestritten, ob wir noch "Indianer" sagen sollen oder nicht. Ich möchte, dass wir uns in aller Ruhe darüber austauschen, ohne andere zu beschimpfen. Ich möchte gerne eure Meinungen zu diesem Thema erfahren. Ihr könnt das Formular ausfüllen, dass ich extra dafür erstellt habe. Hier ist der Link: